#Topthema Pflege

Pflegende haben einen hohen Anspruch an sich selbst, wollen Menschen aus Überzeugung helfen und leiden unter schlechten Arbeitsbedingungen

Pflegende haben einen hohen Anspruch an sich selbst, wollen Menschen aus Überzeugung helfen und leiden unter schlechten Arbeitsbedingungen

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Ich danke der Gesundheitsministerin für Ihren Bericht. Ein mündlicher Bericht sollte immer den Charme der Aktualität haben. Ich denke, dass die Daten, die die Ministerin genannt hat, zutreffen.

Die beiden Grundfragen, die man sich bei politischen Initiativen immer stellen muss, sind:
1.) Was soll das und
2) was macht das? Anders ausgedrückt: was ist das Problem und wie löse ich es?

Wir wissen, dass wir in den nächsten Jahren einen Mangel an 10.000 Pflegefachkräften allein in Schleswig-Holstein haben werden. Ein Mangel, der angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft und immer pflegebedürftigeren Menschen vermutlich DIE größte sozialpolitische Herausforderung darstellt, der wir uns stellen müssen.
Vor einem knappen Jahr war die geschätzte Kollegin Birte Pauls prominente Expertin im Rahmen der gesundheitspolitischen Podiumsdiskussion, zu der der Bundestagsabgeordnete Ernst-Dieter Rossmann geladen hatte und die unter der Fragestellung stand: Was bringen die aktuellen Initiativen von der Pflegezeit bis zur Aufwertung der Pflegeberufe?

Ich finde, dass die Fragestellung des SPD-Kreisverbands sehr klug gewählt war. Denn wir müssen endlich anfangen, die Pflege, von den Pflegenden und den zu Pflegenden zu betrachten und nicht aus der Perspektive der Politik.
Wir müssen mehr nachfragen und nachfühlen, was von den großen Ideen, die auf dem Papier und in der Theorie gut funktionieren, in der Realität, in den Doppelzimmern der Altenpflegeheime und den Intensivstationen unserer Krankenhäuser wirklich ankommen.
Was tut das und was macht das? Ich denke, dass wir zu wenig über unsere Antworten auf diese Grundfragen nachdenken.

Die Kollegin Pauls wird im Kreis Pinneberg unter anderem davon geschwärmt haben, dass mit der Pflegekammer jetzt endlich alles besser wird. Sie wissen, dass ich diese Glauben nicht teile.

Die liebe Kollegin auf der anderen Bank, Katja Rathje-Hoffmann legt unter anderem viele Hoffnungen in das Pflegestärkungsgesetz, das sie im August des letzten Jahres sehr gelobt hat. Da hat die Bundesregierung ein milliardenschweres Maßnahmenpaket geschnürt, das sich u.a. mit dem Begutachtungswesen beschäftigt. Das ist alles sicher gut gemeint, aber ich frage mich immer, ob es bei den Menschen ankommt.

An denen orientiere ich mich tatsächlich lieber als an bedrucktem Papier. Ich will an dieser Stelle gar nicht auf persönliche Besuche und Gespräch verweisen, sondern an einen Bericht des Schleswig-Holstein-Magazins verweisen. Der stammt vom 6. Januar diesen Jahres und ist damit nicht weniger aktuell als der Bericht der Ministerin. Allerdings sind die Fakten ernüchternd.

Es ging in dem Bericht um den Arbeitsalltag eines Altenpflegers, der von rund 30% weniger verdient als eine Krankenschwester. Knapp unter 2.000 Euro brutto.
Der ist an jedem Morgen für zehn Bewohner zuständig. Nach wie vor gilt ein zwanzig Jahre alter Personalschlüssel, nach des 5,4 Bewohner sein sollen. Sein Alltag sieht anders aus. Wenn ein Kollege krank ist, kann es sein, dass er auch mal 16 Menschen allein versorgen muss. Die Menschen werden immer älter, die Pflege muss daher intensiver sein. 45 Minuten Zeit bräuchte der für jeden seiner Patienten. Die hat er bei weitem nicht.
Auf dem Papier erhält er im Laufe des Vormittags Hilfe über Betreuungskräfte. Die dürfen aber nicht pflegen oder das Essen reichen. Mit Personal aus dem Pflegebereich hätte man mehr Unterstützung für die Menschen getan, das ist sein Eindruck. Ein Tipp aus der Praxis für die Praxis.

Aber die politische Praxis – das sind wir – wir verstecken uns hinter Statistiken. Wir berechnen Durchschnittswerte und feiern uns z.B. für einen Bürokratieabbau. Weniger Dokumentation heißt das Zauberwort, aber wo über Jahre ein Monster geschaffen wurde, kann über kleine Abbauschritte nicht verhindern, dass die Zeit für Bürokratie immer noch in einem Missverhältnis zur Pflegezeit steht.

Und das genau wollen weil sie sich nicht mehr um den Menschen, sondern nur noch um statistische Werte kümmern können.

Wir sollten uns weniger an Statistik und mehr am Menschen orientieren. Wir sollten mehr aus Praxis belehren lassen. Wir sollten uns viel öfter fragen: Was soll das und was macht das und kommt das im Leben der Menschen wirklich an!ssen. Es ist klar erkennbar: Die Bürger wollen dabei sein – digital wie analog.“